Mein Jahresrückblick 2023

2023 – Ein Jahr der unvergesslichen Abenteuer.

Mein Jahresrückblick 2023

In den letzten Monaten ist es hier ruhig geworden. Vielleicht mag man denken, dass ich keine Erlebnisse hatte, über die ich hätte schreiben können. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Die letzten Monate waren die intensivsten des ganzen Jahres. Doch lass mich wie in jedem Jahresrückblick vor genau einem Jahr anfangen.


Die ersten Minuten des Jahres 2023 verbrachte ich mit Freunden am Brandenburger Tor in Berlin, während wir versuchten, die Chance von Raketen getroffen zu werden, auf das Möglichste zu reduzieren. Nach einem kurzen Abstecher zum Flughafen Berlin Brandenburg ging es im ersten ICE des neuen Jahres von Berlin nach Köln.

Das erste prägende Erlebnis fand schon eine Woche nach Jahresbeginn statt und bestimmte daraufhin fast den Rest des Januars. Es geht um das Schicksal von 130 Einwohnern, Polizeigewalt und den größten Energiekonzern Deutschlands - Lützerath. Eigentlich wollte ich mir drei Tage vor der offiziellen Räumung nur einen Überblick über die Geschehnisse in dem Dorf verschaffen, das dem Untergang nahstand, doch das Thema fesselte mich so sehr, dass ich wiederkam. Ab dem Tag der Räumung dann auch mit offizieller Presse-Akkreditierung für den YouTube-Kanal eines Bekannten.
Die nächsten zwei Wochen waren rückblickend die anstrengendsten und schlaflosesten des Jahres. Fast täglich fuhr ich ins rheinische Braunkohlerevier und ließ die fortschreitende Räumung auf mich wirken, dabei fertigte ich hunderte Bilder und Videos an.
Besonders in Erinnerung blieb mir der 14. Januar - der Tag der Großdemo. Über Mittag reisten über 30.000 Aktivisten an, die meisten friedlicher Natur, doch auch einige Krawallmacher waren dabei. Das führte am späten Nachmittag zu den schlimmsten Szenen, die ich bis dato gesehen hatte. Die Stimmung lud sich immer mehr auf, bis schlussendlich die Polizei mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und viel Gewalt die Situation eskalieren ließ. An dem Abend gab es hunderte Verletzte und noch mehr Traumatisierte.
Schlussendlich konnten all die Demonstranten den Abriss Lützeraths aber auch nicht verhindern, sondern nur verzögern. Für mich war es das erste Mal auf so einer Großdemonstration, weshalb ich die nächsten Wochen viele Gespräche mit Freunden führen musste, um das Erlebte richtig verarbeiten zu können.

Ende Januar hatte ich mich von Lützerath größtenteils erholt und konnte einer meiner liebsten Beschäftigungen nachgehen - dem Wandern. Besonders schön war die Wanderung vom Tegernsee über Neureuth und die Gindelalmschneid zum Schliersee, bei der ich am höchsten Punkt plötzlich von sehr starkem Nebel umgeben war, der die Sonne fast komplett verdunkelte.

Der Februar und März waren verhältnismäßig ruhig. Doch ruhig heißt bei mir nicht, dass ich nichts erlebt habe. Ich verbrachte viel Zeit mit Freunden und besuchte Städte wie Westerland, Porta-Westfalica, Friedrichshafen, Würzburg, Oberhausen und Burg auf Fehmarn, um nur einige zu nennen.
Ein Highlight im Februar war auf jeden Fall die Besichtigung des ICE-Werks in Berlin Rummelsburg. Dort konnte ich zum ersten Mal in einen ICE-Triebkopf steigen und unter einen ICE schauen.

Im März lernte ich Jan, den Entwickler der Bahn-App, durch eine Support-E-Mail mit Vorschlägen für die App kennen. Damals dachte noch keiner von uns, dass sich daraus eine gute Freundschaft entwickeln würde.

Mitte März ging ich mit meinem schon seit ein paar Wochen schmerzenden großen Zeh zum Arzt. Nach kurzem war klar, dass der Zeh zweimal operiert werden muss. Dies hatte die längste Pause in meinem Leben im Zug zur Folge. Ganze 4 Wochen musste ich aufs Zugfahren verzichten. Doch die Zeit nutzte ich ziemlich produktiv und zog nun komplett von meinen Eltern aus. Ich gab mein Zimmer auf, verkaufte mein Hab und Gut bis auf das, was in meinen Rucksack und einen Umzugskarton passte. Diese Zeit vermittelte mir auch einmal mehr, welche Freiheit mir das Leben im Zug ermöglicht.

Im April, dem ersten Monat mit T-Shirt-Wetter, folgten einmal mehr Tarifverhandlungen zwischen der EVG und der Deutschen Bahn. Das führte zu einem Komplettausfall der Nacht-ICEs in der Nacht zum 21. April. Gemeinsam mit Markus fuhr ich abends zum Flughafen Berlin Brandenburg, wo wir die Nacht im Wartebereich verbrachten. Noch ein bisschen müde wachten wir morgens um 4 Uhr auf und machten uns zu Fuß auf den Weg zur U-Bahn-Station Rudow. Aus dem geplanten Morgenspaziergang wurde dann aber die längste Wanderung, die ich bis heute unternommen habe. In über 8 Stunden wanderten wir 35 Kilometer vom Flughafen bis zum Hauptbahnhof. Das Beste: Bei Ankunft am Hauptbahnhof lief der Bahnverkehr nach dem Streik wieder an.
Der April war auch der Monat, in dem ich mich dazu entschloss, mein Leben auf Instagram öffentlich zu teilen. Zuerst nur mit wenigen Storys, doch mit der Zeit wurde immer mehr daraus. Wirklich viele Follower habe ich aber auch heute nicht.

Die Tarifverhandlungen zwischen der DB und der EVG gingen auch im Mai weiter. Der geplante 50-Stunden-Streik konnte kurzfristig durch einen Vergleich abgewendet werden. Doch da wusste ich noch nicht, dass es nicht die EVG sein wird, die mich vom Bahnfahren abhält, sondern mal wieder mein großer Zeh, dieses Mal aber am anderen Fuß. Es folgte wieder eine OP und anschließend Genesungszeit bei meinen Eltern.

Der Juni begann für mich mit einem Gedenktag an das schlimmste Zugunglück der deutschen Nachkriegszeit vor 25 Jahren. Dort, wo damals ein ICE bei voller Fahrt entgleiste, sprachen an diesem Tag Angehörige, Überlebende und Politiker über das Versagen des damaligen Bahnvorstandes.
Die Sonne schien fast den ganzen Monat durch, und ich nutzte das gute Wetter für die ein oder andere Wanderung, unter anderem auf die Hörnle-Gipfel und den Brocken.

Mitte Juni lernte ich die Real Life Guys bei einer Hausführung durch ihr verrücktes Haus in Pfungstadt kennen. Meine Antwort auf die Frage, wer die längste Anreise hatte, zog viele Nachfragen nach sich. Doch genau so lernte ich Amos, ein Mitglied der Guys, kennen. Wir verstanden uns so gut, dass er mir anbot, nach der öffentlichen Hausführung zu bleiben. Selbstverständlich nahm ich das Angebot an und hatte eines der besten und abenteuerlichsten Wochenenden des Jahres. Wir bauten gemeinsam verrückte Dinge, rutschten auf der Wasserrutsche vom Hausdach, und ich fuhr mit 60 km/h in einer motorisierten Badewanne durch den Wald. Beeindruckt hat mich besonders ihre Kreativität, Probleme zu lösen.

Ende Juni fand in Welzow, nähe Cottbus, eine angemeldete Demonstration von Fridays for Future und dem BUND gegen den Kohleabbau in der Lausitz statt. Ich begleitete die Demo journalistisch für einen Bekannten, dem ich schon bei der Räumung Lützeraths geholfen hatte. Die etwa 1.000 Teilnehmer verhielten sich friedlich. Anders sah es bei den Gegendemonstranten aus, diese versuchten die Teilnehmer anzugreifen, konnten aber von der Polizei daran gehindert werden. Kurz vor Ende der Demo wurde es für mich richtig brenzlig, als ich von einem vermummten Gegendemonstranten angegriffen wurde, der sich an meinen Videoaufnahmen zuvor gestört hatte. Zu meinem Glück eilten mir direkt einige Leute zu Hilfe und konnten mich so vor Schlimmerem bewahren.

Kurz nach meinem Geburtstag Anfang Juli bekam ich einen Anruf von Amos, dem von den Real Life Guys. Er fragte, ob ich Lust auf einen kleinen gemeinsamen Roadtrip durch Frankreich habe. Nur zwei Stunden später saßen wir im Auto und fuhren ohne wirklichen Plan in Richtung Straßburg. Als wir nach einem kurzen Stopp kurz vor Straßburg wieder losfahren wollten, sprang das Auto nicht mehr an. Im strömenden Regen und Gewitter schafften wir es glücklicherweise mit der Hilfe einiger nicht englisch oder Deutsch sprechenden Franzosen, das Auto wieder zum Laufen zu bekommen. Die Nacht verbrachten wir im Auto inmitten von Weinbergen. Als wir am nächsten Morgen von strahlendem Sonnenschein geweckt wurden, waren die Strapazen vom vorherigen Abend schnell vergessen. Bei bestem Wetter fuhren wir zwischen Weinbergen und Sonnenblumenfeldern von Dorf zu Dorf. Die zweite Nacht verbrachten wir bei Bekannten von ihm auf einem Pferdehof zwischen Pferden, Schafen, Ziegen und Hunden.

Im Juli kam ich auf die Idee, um etwas Abwechslung zu dem DB-Lounge-Essen zu bekommen, mir einen Gaskocher zuzulegen. Nun konnte ich endlich auch mal wieder selbst kochen. Die ersten Male machte es auch noch wirklich Spaß, aber mit der Zeit benutzte ich ihn immer weniger, weshalb er mittlerweile auch wieder den Weg aus meinem Rucksack herausgefunden hat. Ein Versuch war es aber trotzdem wert.

Ende Juli stand ich vor einer großen Krise. Ich wusste nicht, wie und ob mein Leben im Zug weitergehen kann. Meine BahnCard 100 würde am 7. August auslaufen. Die Wochen zuvor hatte ich noch fest daran geglaubt, dass ein Bekannter die für eine von mir erstellte App versprochene Gegenleistung in Form von einer BahnCard 100 1. Klasse erbringen würde. Doch genau das passierte nicht. Wenn ich weiterhin im Zug leben wollen würde, musste ich schnellstmöglich selbst eine BahnCard 100 1. Klasse finanzieren. Nur beim Kauf der BahnCard in der 1. Klasse würde ich mein BahnBonus-Statuslevel Platin behalten, was für mein Leben im Zug unverzichtbar wäre. Es folgten schlaflose Nächte mit der Angst, all das zu verlieren, was mir so wichtig war. Der 1. August war der Tag der Entscheidung für mein weiteres Leben im Zug. Schlussendlich schaffte ich es nur mit einem Kredit von meinem Onkel, die 5.888€ für die BahnCard aufzubringen. Mit Freudentränen im Gesicht bestellte ich in der Hannoveraner Lounge am Laptop die neue schwarze Karte. Das Ticket für ein Jahr länger grenzenlose Freiheit. Am 13. August startete ich nach einer Woche Pause vom Bahnfahren in ein weiteres Jahr Leben im Zug. Ab nun an reiste ich in der 1. Klasse. Auch Markus hatte vor kurzem von der 2. Klasse in die 1. Klasse gewechselt. Ab nun an konnten wir wieder gemeinsam reisen, ohne dass er wegen mir die Klasse wechseln musste.

Gemeinsam mit Markus wanderte ich Mitte August auf den bisher höchsten Berg, den ich selbst erklommen habe: den Wendelstein. Die über 1.000 Meter Anstieg bewältigten wir in knapp 2 Stunden. Auf 1.838 Meter Höhe eröffnete sich ein wunderschöner Ausblick über die deutschen und österreichischen Alpen. Rückblickend war dies die schönste Wanderung des Jahres.

Im September fand endlich das lang ersehnte Treffen mit der Deutschen Bahn statt. Das Linienmanagement des DB-Konzerns war schon einige Monate zuvor auf mich aufmerksam geworden und interessierte sich für meine Erfahrungen, insbesondere mit den Nacht-ICEs, die ich als einer von wenigen in Deutschland täglich nutze. Für mich war es ein sehr interessanter und lehrreicher Tag.

Ein paar Wochen später wurde ich spontan von den Real Life Guys zur Filmpremiere von "Philipp Mickenbecker – Real Life" eingeladen. Der Film behandelt den Tod von Philipp Mickenbecker, der 2021 seinen langen Kampf gegen den Krebs verlor. Obwohl das Thema sehr tragisch ist, geht es um mehr als Trauer – es handelt von Hoffnung, dem Glauben an Gott und Freundschaften. Der Film hat mich tief berührt und nachdenklich gemacht.

Als hätte ich bisher nicht schon genug erlebt, fasste ich Anfang Oktober den Entschluss, mir einen Interrail Global Pass zu kaufen. Damit konnte ich in den nächsten 3 Monaten nicht nur durch Deutschland, sondern auch durch ganz Europa reisen. Ich begann mit kleinen Touren nach Belgien, Österreich und Dänemark.
Am 9. Oktober, als ich eigentlich nur eine Tagestour nach Wien machen wollte, überkam mich das Fernweh, und ich fuhr von Wien weiter nach Bratislava. Dort übernachtete ich, bevor es am nächsten Tag weiter nach Budapest ging. Budapest beeindruckte mich so sehr, dass es auf meine Liste der Lieblingsstädte kam. Doch auch nach dieser Stadt zog es mich weiter gen Osten, genauer gesagt in die rumänische Hauptstadt Bukarest.
Obwohl ich in Deutschland zuvor schon hunderte Male Nacht-ICE gefahren war, verspürte ich vor meiner ersten richtigen Nachtzugfahrt, sprich im Liegewagen, eine große Anspannung. Nicht unverschuldet daran war der Mitarbeiter im Reisezentrum, der mich vorher ausdrücklich vor diesem Nachtzug gewarnt hatte. Zum Glück kam ich unbeschadet in Bukarest an, wo ich am Bahnsteig Josie kennenlernte. Wir verbrachten gemeinsam eine tolle Zeit in Bukarest, bis ich eine Woche nach Beginn der geplanten Tagestour den Rückweg nach Deutschland antrat. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir uns nur wenige Wochen später auf einem anderen Kontinent wiedersehen würden.

Nur zwei Wochen nach meiner Rückkehr nach Deutschland überkam mich erneut das Fernweh, und es zog mich wieder gen Osten. Ohne genauen Plan reiste ich über Ljubljana und Budapest ins bulgarische Sofia. Schon jetzt war es die weiteste Reise, die ich alleine gemacht hatte. Doch ich wollte noch mehr neue Kulturen kennenlernen. Ich verließ die sich sicher anfühlende Region der Europäischen Union und reiste mit dem Nachtzug in die größte türkische Stadt, Istanbul. Die türkische Kultur begeisterte mich von der ersten Minute an, und ich begann mich schon nach wenigen Stunden in der Stadt richtig wohl zu fühlen. Am zweiten Tag traf ich Josie wieder, die ich zuvor in Bukarest kennengelernt hatte. Wir verbrachten erneut einen Tag gemeinsam, und sie zeigte mir die versteckten Ecken in dieser riesigen Stadt. Da sie schon länger dort war, kannte sie sich richtig gut aus.
Doch Istanbul sollte nicht mein einziges Ziel in der Türkei sein. Nach stundenlangen Fahrten in langsamen Zügen war ich erleichtert, in einem Hochgeschwindigkeits-ICE aus deutscher Produktion nach Ankara fahren zu können. Ankara fand ich zwar bei weitem nicht so eindrucksvoll wie Istanbul, aber es war dennoch schön, dort gewesen zu sein, schließlich handelt es sich um die Hauptstadt der Türkei. Ursprünglich hatte ich vor, weiter nach Kars im Osten der Türkei an der Grenze zu Armenien zu reisen. Leider kam mir bei der Buchung der Reservierung für den allerletzten Liegeplatz in diesem Nachtzug jemand anderes zuvor. In diesem Moment ärgerte ich mich sehr über mich selbst, doch im Nachhinein hatte es sicherlich einen Grund, dass ich diesen Zug nicht nehmen sollte.
Statt der Fahrt nach Kars in der Türkei trat ich nach 2 Nächten in Ankara den Weg ins griechische Thessaloniki an. Zuerst musste ich exakt den gleichen Weg, den ich gekommen war, bis nach Sofia wieder zurück. Ab Sofia ging es mit dem Reisebus zu meinem nächsten Ziel, Thessaloniki. Obwohl ich Busfahren eigentlich nicht sonderlich gerne mag, gibt es seit Jahren keine Zugverbindung mehr, die die Türkei oder Bulgarien mit Griechenland verbindet.
Thessaloniki war für mich zunächst nur ein Zwischenstopp zum Übernachten und auf den nächsten Zug warten. Von dort fuhr ich mit dem Zug weiter nach Athen. In Athen verbrachte ich zwei Tage und besuchte dabei die Akropolis und das Panathinaikon-Stadion. Ein besonderes Highlight für mich war, dass ich trotz Mitte November im angenehm warmen Mittelmeer schwimmen konnte.
Mit dem Zug ging es weiter nach Patras, um von dort mit der Fähre in 16 Stunden nach Bari in Italien überzusetzen. Das Beste dabei: Die Fähre war in meinem Interrail-Pass inklusive. Auf der Fähre lernte ich eine Schweizer Familie und eine junge Australierin kennen. Die guten Gespräche ließen die Fährfahrt wie im Flug vergehen. Am nächsten Morgen frühstückten wir gemeinsam in Bari das beste Focaccia, das ich je gegessen habe.
Noch am gleichen Tag fuhr ich weiter zum letzten Stopp auf dieser mittlerweile fast 3 Wochen dauernden Reise, Rom. Rom beeindruckte mich mit den zahlreichen historischen Gebäuden aus der Römerzeit. Besonders schön war aber die Gesellschaft im Hostel. Ich erkundete die Stadt nie alleine, sondern hatte immer tolle Menschen um mich herum.
In diesen 3 Wochen legte ich über 6.000 Kilometer mit der Bahn zurück und besuchte 11 Länder. Damit war es ohne Frage das größte Highlight des Jahres, auch wenn es teilweise sehr herausfordernd und anstrengend war. Besonders zu verdanken habe ich das all den Menschen, die mir auf dieser Reise begegnet sind und mich mit offenen Armen empfangen haben.

Den Rest des Novembers ließ ich entspannt angehen und verbrachte viel Zeit mit Freunden, die ich in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt hatte. Auch die Arbeit musste wieder mehr in den Vordergrund rücken, um meine Reisen, egal ob nur in Deutschland oder auch im Ausland, weiterhin finanzieren zu können.

Bereits im Oktober hatte ich Karina, eine junge Frau, die genauso wie ich das Zugfahren liebt, kennengelernt. Am ersten Dezemberwochenende hatten wir uns für eine gemeinsame Tour verabredet. Obwohl wir uns bisher nur zweimal kurz gesehen hatten und uns noch nicht wirklich kannten entschieden wir gemeinsam zu reisen. Wir hatten beide eine BahnCard 100, 3 Tage Zeit und einen großen Rucksack mit allerlei Zeug. Ideale Startbedingungen für eine Deutschland-Tour.
Wir fuhren spontan von Köln nach Hamburg, wo wir mit den Elbfähren über die Elbe schipperten und anschließend die Elbphilharmonie besichtigten. Über Nacht ging es weiter nach Frankfurt, dann Nürnberg, München, Starnberg, Augsburg, Berlin, Dresden, ... ja, wir schauten in den nur 3 Tagen in jeder Ecke von Deutschland mindestens einmal vorbei. Dabei sammelten wir unzählige Erinnerungen, hatten die besten Gespräche und lernten uns richtig gut kennen. Obwohl es nicht einmal ganz drei Tage waren, fühlte es sich an wie eine Ewigkeit, so viel erlebten wir gemeinsam.

Nur wenige Tage später begann ich meine dritte große Interrail-Tour. Diesmal ging es in die entgegengesetzte Richtung als bei den beiden Touren zuvor. Die Tour begann mit der längsten durchgehenden Zugfahrt des Jahres von Berlin nach Stockholm. Über 19 Stunden brauchte der Nachtzug der schwedischen Bahn für die über 1.400 Kilometer lange Strecke. Als wäre das nicht genug, folgte nur wenige Stunden später die zweitlängste Zugfahrt des Jahres. Eine ganz besondere Zugfahrt zum nördlichsten Bahnhof Europas, Narvik. Während der Fahrt überquert man den Polarkreis und fährt auf der legendären Erzbahn durch eine der schönsten Landschaften Europas.
In Narvik blieb ich für zwei Tage. Am zweiten Tag machte ich eine Wanderung auf das Narvikfjellet, wo sich mir eine grandiose Aussicht mit Sonnenaufgang beziehungsweise Sonnenuntergang eröffnete. Wirklich hell wird es dort im Winter nämlich nie.
Meine Mutter war schon öfter in dieser Region Skandinaviens gewesen und hatte immer von Abisko, einem kleinen Dorf inmitten Lapplands, geschwärmt. Genau das nahm ich zum Anlass, dorthin zu fahren. Mit einem der zwei täglichen Personenzüge waren es nur 2 Stunden Fahrt. Im Hostel traf ich nette Leute, und wir gingen gemeinsam auf Entdeckungstour. Abisko gilt als der weltbeste Ort, um Polarlichter zu sehen. Und wir hatten Glück. Am frühen Abend, bei eisiger Kälte von -25° C und bis zu 1,5 Meter hohem Schnee, sahen wir Polarlichter. Ein wahr gewordener Traum von mir.
Am nächsten Tag fuhr ich wieder zwei Stunden weiter gen Osten und erreichte die Bergbaustadt Kiruna. Kiruna ist aktuell eine Stadt im Wandel. Etwa 6.000 Einwohner müssen in den nächsten Jahren in ein neues Kiruna umziehen, das etwa 5 Kilometer vom aktuellen Stadtkern entfernt liegt. Dieser Umzug ist notwendig aufgrund der immer größer werdenden und jetzt schon weltgrößten Eisenerz-Mine, die sich direkt neben der Stadt befindet. Bei einer Tour 500 Meter unter Tage in der Mine bekam ich mehr Einblicke in diese Stadt-Transformation. Außerdem besuchte ich das Eishotel, welches mir nach einem Spaziergang durch die Kälte als Ort zum Aufwärmen diente, da es dort drin nur 0° C sind, im Gegensatz zur eisigen Kälte draußen, wo man vor Kälte kaum mehr atmen kann.
Auf der Rückreise genoss ich erneut die beeindruckenden Landschaften, die der Zug durchquerte. Trotz des hohen Schnees und der eisigen Temperaturen fuhren die Züge fast immer planmäßig. Das beeindruckte mich wirklich.

Die Weihnachtszeit verbrachte ich wieder in Deutschland, reiste gemeinsam mit Freunden, half auf dem Weihnachtsmarkt der Real Life Guys und besuchte das ein oder andere UNESCO-Welterbe. Zum gemeinsamen Weihnachtsfest mit meiner Familie kehrte ich für einige Tage in meine Heimat zurück.


2023 war einfach unglaublich! Ich habe so viele neue Erfahrungen gemacht, Freundschaften geschlossen, verschiedene Orte bereist und unterschiedliche Kulturen kennengelernt. Für mich persönlich war es das beste Jahr aller Zeiten.

Ich möchte mich von Herzen bei jedem einzelnen von euch bedanken, der mich auf diesem aufregenden Weg begleitet hat. Egal, ob unsere Begegnung nur für kurze Stunden oder nahezu das ganze Jahr gedauert hat – eure Anwesenheit hat dieses Jahr zu dem gemacht, was es für mich ist: ein einzigartiges Abenteuer voller unvergesslicher Augenblicke.

Möge 2024 genauso aufregend und erfüllend sein wie dieses Jahr. In diesem Sinne wünsche ich euch einen guten Rutsch ins neue Jahr!